Machbarkeitsstudie

Von Mitja Stachowiak
Dezember 2014

Dieser Text behandelt die geplante Konstruktion eines 180W-Schaltnetzteils für den genormten CD-Laufwerkschaft eines Laptops, bei manchen Herstellern auch Ultrabay/Mediabay genannt. Es gibt bereits Modelle, bei denen ein zweiter Akku in den Schacht geschoben werden kann, aber bislang sucht man nach einem entsprechenden Netzteil vergeblich.
Für die meisten Laptops existieren sehr kompakte Schaltnetzteile, aber insbesondere für leistungsstarke Workstations oder Gaminglaptops mit 150W, 180W oder mehr als 200W gibt es nur sehr große, schwere Netzteile. Für viele sind diese Netzteile der Hauptgrund, kein solches Laptop zu kaufen.
Wenn man die Größe solcher Leistungsnetzteile mit der eines CD-Laufwerks vergleicht, scheint es unmöglich, 180W im Laufwerksschacht zu transformieren. In diesem Text untersuche ich, ob dies wirklich so unmöglich ist und wenn nicht, welche Probleme bei der Konstruktion eines Prototypen und einer eventuellen kommerziellen Produktion auftreten können.

Problem Leistungsdichte

Der für dieses Projekt wahrscheinlich problematischste Faktor ist die Leistungsdichte, die das Netzteil erreichen muss. Bei Schaltnetzteilen lässt sich die zu transformierende Leistung einfach über die Frequenz, mit der der Transformator angesteuert wird, regeln. Im Detail sind Schaltnetzteile sehr komplex, der prinzipielle Aufbau sieht aber in der Regel wie folgt aus:

Duch erhöhen der Frequenz verbessert sich die induktive Kopplung und der Transformator kann kleiner gebaut werden. Gleichzeitig muss der Kondensator weniger Energie bereit halten, bis zur nächsten Aufladung durch den Trafo; somit kann auch der Kondensator kleiner werden. Problematisch ist, dass mit jeder Periode Energie durch Ummagnetisierung und kapazitive Effekte verloren geht. Auch steigt die Abstrahlung von Energie durch elektromagnetische Wellen mit zunehmender Frequenz. Folge: Die Abmessungen der Bauteile werden kleiner, die Verluste aber größer. Die pro Volumen anfallende Währme im Netzteil steigt also durch die kompakte Bauart extrem.
Die Währmeenergie muss über die Oberfläche des Netzteils abgegeben werden. Zwar steigt mit kleiner werdender Größe das Verhälltniss von Oberfläche zu Volumen, dennoch wird die Oberfläche absolut gesehen kleiner. Auf der Oberfläche darf eine gewisse Temperatur nicht überschritten werden. Somit hängt die transformierbare Leistung (fast) nur noch vom Wirkungsgrad des Netzteiles, sowie des thermischen Leitwertes der Umgebung ab.

Möglicher Aufbau einer Aktivkühlung

Für die Konstruktion des Netzteils werde ich die Spannungstransformation nicht neu erfinden können. Es bleibt für die Optimierung des Wirkungsgrades nur die Option, eine bereits existirende Platine zu verwenden, die die richtige Abmessung, Ausgangsspannung und Leistungsdichte hat. Um den thermischen Leitwert zu verbessern, müsste man den Laufwerkschacht des Laptops umbauen, was schonmal wegfällt, oder aber die Währmeabgabe auf der einzig freien Seite des Netzteils maximieren. An dieser Stelle eine Aktivkühlung zu verwenden, währe technisch gewiss möglich, aber zu kompliziert, insbesondere, da die Lüfterkomponenten unvermeidbarer Weise von außen zugänglich sein würden, aus Metall bestünden und keine Spannung führen dürften. Für den Währmetransport von den (spannungsführenden) Bauteilen bis zum Lüfter müsste also ein mehrstüfiger Währmeleiter mit elektischen Isolierungen verwendet werden, wie in nebenstehender Abbildung. Da eine Aktivkühlung selber ebenfalls Platz wegnehmen würde, müsste die Leistungsdichte im übrigen Netzteil noch größer sein, was noch schlechtere Wirkungsgrade zur Folge hätte. Eine Aktivkühlung ist also, wenn irgend möglich, zu vermeiden.

Nachtrag:
Auf der HIGHEST Gründermesse war unter anderem auch ein Projekt, dass die Marktreife von neuen Gate-Treibern für GaN-Transistoren vorrantreibt. Der im Schaltplan oben vor dem Transformator befindliche MOS-Switch (dargestellt als Relais) ist einer der Hauptverlustfaktoren bei Netzteilen. Mit GaN-Transistoren soll es in den nächsten Jahren möglich sein, die Schaltgeschwindigkeit dieser Schalter und damit auch die Leistungsdichte entscheident zu erhöhen.

Eckdaten des Laufwerkschachtes

Äußere Abmessungen eines DVD-Laufwerks

Zunächst ist festzustellen, welche Abmessungen genau das Netzteil später haben soll. Im Foto rechts sind diese Abmessungen eingezeichnet. Nachrechnen ergibt, dass das Laufwerk ein Gesamtvolumen von 161,76cm3 besitzt. Da es unwahrscheinlich ist, eine Platine mit einer so ungewöhnlichen Form zu finden, wird sich der dafür verfügbare Platz wohl auf den 148,86cm3 großen, rechteckigen Rumpf beschränken. Die flachere Ecke kann dann für Anschlüsse und zusätzliche Elektronik verwendet werden. Der erste Centimeter des flachen Bereichs darf noch die volle Höhe besitzen.
Für die Leistungsdichte im Rumpf ergibt sich ein Wert von 1,21W/cm3. Man beachte, dass dies bereits das Gehäuse mit einschließt. Allerdings ist der Laufwerkschacht etwas dicker, jedenfalls im P150-Laptop. Es wären also noch ein oder zwei Millimeter Tolleranz, was die Dicke betrifft, möglich.

Suche nach bereits existierenden Platinen

Nun stellt sich die Frage, welche bereits existierenden Netzteile für einen Einbau in Frage kommen. Ich habe nach intensiever Suche schließlich zwei Modelle gefunden:

Von beiden Platinen würden gerade so zwei Stück in das Netzteil passen und zusammen die gewünschte Leistung von 180W erreichen. Man kann aus technischen Gründen nicht einfach zwei Netzteile (Spannungsquellen) parallel schalten, da sich diese bei geringsten Differenzen in der Ausgangsspannung gegenseitig kurzschließen würden. Insbesondere sind solche Netzteile oft empfindlich gegenüber zufließenden Strömen. Daher ist ein weiterer Schaltkreis notwendig, der diese Parallelschaltung mit einer kleinen Regelschaltung steuert. Diese hätte dann in dem flacheren Bereich Platz (Siehe Aufgabe der zusätzlichen, flachen Platine).

Tatsächlich tendiere ich dazu, die letztere Platine von Hama für den Prototyp einzusetzen, auch wenn diese zunächst etwas zu dick ist und daher nicht ganz die notwendige Leistungsdichte erbringt. Da beide Netzteile zusätzlich über einen USB-Ausgang verfügen, der nicht unerheblich viel Platz wegnimmt, wäre im Falle einer kommerziellen Produktion also eine Verringerung der Bauhöhe bei Verzicht auf den USB-Ausgang möglich. Für den Prototyp kann alternativ die erwähnte Ausnutzung der vollen Höhe des Laufwerkschachtes von 14,4mm herangezogen werden. Die Vorteile des Hama-Netzteiles bestehen darin, dass dieses einen flacheren IEC 60320 C7 Stecker verwendet, ohne Erdung, denn der Erdungsanschluss macht die Buchse deutlich zu dick. Bei Verwendung des HP-Netzteils müsste man sich an dieser Stelle erstmal etwas einfallen lassen. Allerdings schließt der Verzicht auf einen Erdungseingang Metall als Gehäusematerial aus. Dazu später mehr. Auch ist für eine kommerzielle Produktion eine Kooperation des Platinenherstellers notwendig, etwa müsste der Ankauf von nicht-eingeschweißten Netzteilplatinen und bestenfalls eine Änderung des Platinenlayoutes möglich sein. Und da schätze ich die Chancen bei Hama größer ein.

Problem: Gehäuse

Beide im letzten Abschnitt genannten Platinen sind beim Verkauf in dünne Blechplatten eingehüllt, zur Abschirmung, und in ein gut zwei Millimeter dickes Plastikgehäuse eingeschweißt. Und das aus gutem Grund: Da Schaltnetzteile mit höheren Frequenzen arbeiten und gleichzeitig große Ströme fließen, ist die elektromagnetische Abstrahlung eines solchen Netzteils erheblich. Mit gut leitfähigen Materialien kann allerdings leicht eine ausreichende Dämpfung erreicht werden. Schwieriger ist die elektrische Isolation, sowie der mechanische Schutz der Platine. Kondensatoren im Netzteil können auch Minuten nach entfernen des Netzsteckers noch Spannung halten. Daher muss die Platine in einem robusten und, im Falle eines fehlenden Erdungsanschlusses, elektrisch isolierendem Gehäuse "eingeschweißt" sein. Sicher gibt es hierfür Normen, die es noch herauszusuchen gilt. Aber mit Sicherheit erfüllen die 2mm-Plastikgehäuse der handelsüblichen Netzteile diese Normen und gewiss haben die Hersteller nicht mehr Material verbraucht, als notwendig. Wenn man also die 14,4mm Maximalbauhöhe und 12mm Platinenbauhöhe ansetzt, bleiben für die Gehäusewanddicke nurnoch 1,1mm, wovon mindestens 0,1mm Abschirmung notwendig sind. Somit bleibt nur noch maximal 1mm für das Gehäuse, das folgende Anforderungen erfüllen muss:

Welche Werkstoffe diesen Anforderungen genügen, wird sich zeigen. Ob etwa kohlenstoffverstärkte Kunststoffe ausreichen werden, oder auf technische Keramiken zurückgegriffen werden muss, hängt von den Vorgaben durch die Normen für Netzteile ab. Ich gehe aktuell davon aus, dass bei unter 1mm Wanddicke Kunstoffe als Materialien ausscheiden. Die Daten von Aluminiumoxid, Siliciumnitrid oder Aliminiumnitrid sehen aber recht vielversprechend aus. In wiefern diese Stoffe hautverträglich sind, habe ich noch nicht in Erfahrung bringen können. Zumindest in Pulverform sind die meisten Keramiken anscheinend reizend. In gebrannter Festkörperform jedoch nicht unbedingt, Beispiel Siliciumkarbid.http://de.wikipedia.org/wiki/Siliciumcarbid, 2014.12.26http://www.ceramtec.de/werkstoffe/siliziumkarbid/, 2014.12.26

Sicher wird das Gehäuse eine der größten Schwierigkeiten des Projekts. Ob ein Netzteil mit Keramikgehäuse überhaubt noch bezahlbar bleibt, ist ebenfalls fraglich. Aber dieses Produkt ist, wie schon erwähnt, für Anwender gedacht, die bereits mehr als eintausend Euro für ihr Laptop ausgegeben haben und daher sind fürs Erste Preise bis über 200€ pro Stück eingeplant... In diesem Preissegment sollte Keramik prinzipiell möglich sein. Bereits existieren Smartphones mit Keramikgehäusehttp://www.androidmag.de/news/samsung-galaxy-s3-doch-nicht-das-erste-keramik-smartphone-am-markt/, 2014.12.26, aber wie sich die Preise in Anbetracht der Stückzahl verhalten, ist hier die Frage...

Aufgabe der zusätzlichen, flachen Platine

Parallelschaltung zweier Netzteile

Zuletzt spezifiziere ich die Aufgabe, die die zusätzliche Platine im flachen Randbereich des Netzteils erfüllen soll, noch einmal genauer. Wie schon erwähnt, ist die einfache Parallelschaltung zweier Netzteile nicht immer möglich. Einige Netzteile sind darauf ausgelegt, parallel geschaltet werden zu können.http://www.pulspower.com/pdf/2006_03_elektro-automation_netzteile-sicher-parallel-schalten1.pdf 2015.01.05 Ob dies bei der von mir vorgeschlagenen Platine der Fall ist, konnte ich noch nicht in Erfahrung bringen. Falls nicht, müsste die zusätzliche Platine über eine entsprechende Zusatzschaltung gemäß nebenstehender Abbildung verfügen. Eine solche Schaltung kann den Kurzschluss beider Netzteile verhindern, jedoch ist eine gleichmäßige Belastung beider Quellen nur gewährleistet, wenn diese eine ausreichend stark abfallende U(I)-Kennlinie besitzen. Auch fällt an den Dioden eine Spannung von, je nach Typ, 0,4 bis 0,7 Volt ab, die bei Ausgangsströmen von 2x4,5A zu einer insgasamt nicht ganz vernachlässigbaren Erhöhung der Verlustleistung und Verringerung der Ausgangsspannung führt.
Falls eine simple Parallelschaltung oder eine Parallelschaltung mit Dioden nicht ausreichen sollte, kann auf eine aktive Regelung mit MOS-Transistoren zurückgegriffen werden, was aber den Aufwand spürbar in die Höhe treibt. Auch wäre bei Verwendung von komplexen Schaltungen auf der Zusatzplatine eine Steuerung verschiedener Status-LEDs denkbar, oder aber eine eingangsseitige Trennung eines der Netzteile bei geringer Belastung, um die Leerlaufverlustleistung zu verringern. Eine weitere, sinnvolle Anwendung wäre eine genaue Leistungsmessung; das Netzteil könnte sich über den SATA-Anschluss im Laufwerkschacht als unsichtbarer Datenträger mounten und über entsprechende Software so dem Laptop seine Leistungsaufnahme mitteilen, über längere Zeitspannen aufzeichnen und so Diagramme und Stromrechnungen kalkulieren. Diese optionalen Zusatzfunktionen können je nach Zeitplan noch ausgearbeitet werden. Vor allem die Leistungsmessung bedarf eines erheblichen, zusätzlichen Entwicklungsaufwands und kommt nur bei kommerzieller Produktion und hohen Stückzahlen in Frage.